Ein Praxis-Guide mit Tipps vom Experten
Wer viel mit dem Rad unterwegs ist – sei es beim Pendeln, auf Tour oder in der Stadt – weiß: Es gibt kaum etwas Frustrierenderes als eine Regenjacke, die „wasserdicht“ verspricht, aber bei Starkregen versagt. Doch ab wann gilt eine Jacke tatsächlich als wasserdicht? Woran erkennt man Qualität – und wo steckt oft nur Marketing dahinter?
Wir haben uns das Thema genau angesehen – mit Unterstützung von Mario, Verkaufsexperte bei Aussteiger Berlin, mit über 15 Jahren Erfahrung im Bereich Outdoor-Bekleidung.
1. Was bedeutet „wasserdicht“ überhaupt?
Viele Jacken tragen das Label „wasserdicht“, doch das ist rechtlich nicht geschützt. Ob ein Stoff Wasser abhält, wird in Labortests über den sogenannten Wassersäulen-Wert ermittelt – also wie viel Wasserdruck das Material aushält, bevor es durchlässig wird.
Wassersäule – der wichtigste Richtwert für Wasserdichtigkeit
Die Wassersäule gibt an, wie viel Druck das Material aushalten kann, ohne dass Wasser eindringt. Je höher der Wert, desto besser der Schutz.

Unser Tipp:
Für den Alltag auf dem Fahrrad empfehlen wir mindestens 10.000 mm Wassersäule, idealerweise kombiniert mit hoher Atmungsaktivität (MVTR ab 10.000 g/m²/24 h).
Marios Einschätzung:
„Ab 10.000 mm Wassersäule kann man bei normaler Nutzung von einer wasserdichten Jacke sprechen. Aber das Material ist nur ein Teil der Wahrheit.“
Die Membran – das Herzstück jeder wasserdichten Jacke
Eine wirklich wasserdichte Jacke braucht mehr als nur eine beschichtete Oberfläche. Entscheidend ist die Membran, die zwischen Innen- und Außenstoff laminiert wird.
Sie ist mikroporös aufgebaut:
-
groß genug, um Schweißdampf nach außen zu lassen
-
klein genug, um Regentropfen draußen zu halten
Die bekanntesten Membranen im Vergleich:

Mario vom Outdoorladen Aussteiger Berlin betont im YouTube-Video:
„Die Membran entscheidet, wie lange du wirklich trocken bleibst – und wie angenehm sich die Jacke beim Radfahren trägt.
2. Warum die Wassersäule allein nicht ausreicht
Im Video (➜ YouTube: Was macht eine gute Regenjacke aus?) erklärt Mario anschaulich:
Eine hohe Wassersäule bringt wenig, wenn andere Teile der Jacke schlappmachen. Das betrifft vor allem:
- Nicht getapte Nähte – hier dringt Regen schnell ein
- Normale Reißverschlüsse – Wasser läuft durch
- Schnitt & Materialverhalten – Wasser kann durch Bewegung „reingepumpt“ werden
„Ich sehe oft Leute mit teuren Jacken, die trotzdem nass werden – weil sie auf falsche Features geachtet haben.“ – Mario

3. Entscheidend für Radfahrer: Schnitt & Ausstattung
Was viele unterschätzen: Beim Radfahren sitzt man anders als beim Wandern oder Gehen. Deshalb sollte eine wasserdichte Jacke für Radfahrende…
- einen verlängerten Rücken haben (sog. Drop-Tail)
- eine helmkompatible, verstellbare Kapuze bieten
- atmungsaktiv sein, damit du von innen nicht nass wirst
- gut belüftet sein – z. B. durch Unterarm-Reißverschlüsse
- reflektierende Elemente für Sichtbarkeit haben
4. Atmungsaktivität: die oft vergessene Komponente
Wasserdichtigkeit schützt dich von außen – aber wenn der Schweiß nicht entweichen kann, wirst du trotzdem klatschnass.
Mario rät:
„Schau nicht nur auf die Wassersäule – achte immer auf Atmungsaktivität. Sonst hast du innen dein eigenes Gewitter.“
Ein guter Richtwert ist ein MVTR-Wert (Moisture Vapor Transmission Rate) von mindestens 10.000 g/m²/24h, bei sportlicher Belastung besser 20.000+.
Aber: Atmungsaktivität ≠ Belüftung
Viele Menschen verwechseln "atmungsaktiv" mit dem Gefühl von Luftdurchzug. In Wahrheit bedeutet atmungsaktiv bei GORE-TEX zum Beispiel:
Wasserdampf kann durch das Material entweichen – aber nur, wenn ein Temperatur- und Feuchtigkeitsgefälle besteht.
Das heißt:
- Bei kühlem, trockenem Außenklima funktioniert GORE-TEX sehr gut.
- In schwülwarmer oder nasser Umgebung (z. B. hohe Luftfeuchtigkeit, kein Wind) ist die Atmungsaktivität physikalisch eingeschränkt – wie bei allen Membranen.
- Deshalb sind Unterarm- oder Rückenschlitze für die Ventilation entscheidend, so wie bei Medvind Sweden.
5. Auf diese Details solltest du achten
Beim Kauf zählt das Gesamtkonzept. Eine wirklich wasserdichte Fahrradjacke sollte:
- Mindestens 10.000 mm Wassersäule haben
- Vollständig getapte Nähte
- Wasserdichte Reißverschlüsse oder Abdeckleisten
- DWR-Imprägnierung (wasserabweisende Beschichtung)
- Leicht & kompakt verstaubar sein
- Robustes Material mit Bewegungsfreiheit bieten
Mario im Video:
„Die perfekte Jacke gibt’s nicht für alle – aber es gibt die perfekte Jacke für deinen Einsatzzweck.“
✅ Kurz zusammengefasst: Ab wann ist eine Regenjacke wasserdicht?

Fazit: Denk über das Etikett hinaus
Eine Regenjacke gilt ab 10.000 mm Wassersäule als wasserdicht, aber echte Alltagstauglichkeit – gerade beim Radfahren – braucht mehr: Verarbeitung, Schnitt, Belüftung und Atmungsaktivität sind mindestens genauso entscheidend.
Danke an Mario vom Outdoorladen Aussteiger Berlin für die fundierten Einblicke aus der Praxis. Wer sein Know-how im Video erleben will, findet hier den Link: https://www.youtube.com/watch?v=93m_6z7d_bY